Herkömmliche Projektmethode
Unabhängig davon, mit welcher Projektmethode ein Service-Learning-Vorhaben aufgebaut wird – die Umsetzung orientiert sich immer an den Service-Learning-Qualitätsstandards. Diese machen letztlich ein erfolgreiches Service-Learning-Projekt aus.Projektphasen in Service-Learning-Projekten
In der herkömmlichen Projektmethode unterscheiden wir die Vorprojekt- und die eigentliche Projektphase. Grund dafür ist, dass die Ideenfindung sehr anspruchsvoll ist. Deshalb ist es sinnvoll, den ganzen Prozess der Ideen-Entwicklung als eigenständiges Vorprojekt anzusehen.
Vorprojektphase
Vorprojektphase 1: Finden des Projektthemas
Der «Service» in einem Service-Learning-Projekt muss einen wirklichen Nutzen erbringen (QS1 Realer Bedarf). Die Phase der Ideenfindung ist deshalb zentral. Rechnen Sie hier also genügend Zeit ein, denn die gute Idee ist das halbe Projekt.
In der ersten Vorprojektphase wird das Thema bestimmt. Dazu recherchieren die Schülerinnen und Schüler mögliche Probleme und Herausforderungen in ihrem näheren oder weiteren Umfeld. Grundsätzlich gibt es zwei Wege, wie Ihre Klasse das Projektthema findet:
- Es wird aus dem regulären Unterrichtsstoff entwickelt
- Es wird aufgrund einer Recherche im sozialen Nahraum entwickelt.
Für die Recherche im sozialen Nahraum empfehlen wir Ihnen die so genannte Detektivmethode. Damit können Bedürfnisse und Probleme aus dem eigenen Umfeld erkannt werden. Die Detektivmethode eignet sich für fast alle Klassen. Die Kinder und Jugendlichen erforschen als (Gemeinde-) Detektiv:innen Wünsche und Bedürfnisse in ihrem Umfeld. Anleitungen und Arbeitsblätter finden Sie unter diesem Link.
Für die untersten Stufen ist die Detektivmethode je nach Klasse und Umgebung nur mit Einschränkungen geeignet. Denkbar ist, dass Unterstufenkinder anstelle einer Recherche im Dorf oder im Quartier zum Beispiel die Kinder im Schulhaus oder ihre Eltern befragen.
Ergebnis der Vorprojektphase: Die Klasse/Schule hat ein gemeinsames Projektthema gefunden.
Vorprojektphase 2: Entwickeln einer Projektidee
In der zweiten Vorprojektphase sammeln die Schüler:innen Umsetzungsideen. Dafür eignen sich alle bekannten Kreativitätstechniken. Die Erfahrungen zeigen, dass eine Einzelarbeit zu Beginn des ganzen Prozesses bessere Ergebnisse bringt, als wenn der Prozess in der Gruppe gestartet wird.
Tipp
Die Schüler:innen suchen in einem ersten Schritt für sich selber Ideen. Diese schreiben sie auf Post-its, und zwar pro Post-it jeweils nur eine Idee. Alle Post-its werden anschliessend auf ein grosses Packpapier oder an die Wandtafel geklebt. Gemeinsam ordnen die Schüler:innen alle Ideen, bewerten sie (z.B. mit Punkten) und entscheiden sich dann gemeinsam für die beste Idee.
Falls Sie für die Ideenfindung zu einer agile Methode wechseln möchten: Unter Design-Thinking finden Sie eine konkrete Anleitung.
«Wir konnten selbst entscheiden, was wir machen. Wir sammelten Ideen. Ob unsere Ideen überhaupt möglich waren, zeigte sich erst mit der Zeit», berichtete eine Schülerin über ihren Prozess der Ideenfindung. Das Vertrauen in die Schülerinnen und Schüler wirkt sich motivierend aus. Zwar brauchen solche Prozesse mehr Zeit, als wenn die Idee einfach vorgegeben ist. Aber zum Schluss wird mehr erreicht: Die Schüler:innen bearbeiten ihre Idee und sie wissen auch, weshalb sie gut ist.
Chancen und Risiken des Projekts – dIe ProjektIdee hInterfragen
Bevor die Lernenden ihr Projekt konkret zu planen beginnen, sollten sie nochmals gemeinsam überlegen, welche Faktoren das Projekt fördern und welche es behindern könnten. Dazu gehören Recherchen und Nachfragen zu folgenden Themenfeldern:
- Personenkreise, die dem Projekt positiv oder negativ gegenüberstehen
- Personen/Organisationen, die etwas Ähnliches machen − Formen der Zusammenarbeit mit anderen
- Jahreszeit oder Ort
- Grösse des Projekts
- Kosten
In dieser Phase sollten alle Bedenken auf den Tisch kommen. Die Klasse diskutiert, wie sie auf einzelne Bedenken reagieren kann und ob die Projektidee gegebenenfalls überarbeitet werden sollte. Ohne diese Abklärungen kann es passieren, dass die Projektidee nicht wie vorgesehen umgesetzt werden kann und das Projekt schliesslich scheitert. Natürlich kann ein Projekt immer scheitern – aber der Grund sollte nicht eine mangelhafte Abklärung im Vorfeld sein.
Rechnen Sie in dieser Phase eine genügend grosse Zeitspanne ein. Damit ist nicht gemeint, dass Sie besonders viel Zeit aufwenden müssen. Vielmehr kann vieles nicht kurzfristig abgeklärt werden, weil bestimmte Abläufe eingehalten werden müssen. Auch wichtige Kontaktpersonen sind nicht immer sofort erreichbar.
Projektphase
Wir haben nachfolgend nur Eckwerte zur Planung und Umsetzung eines Projekts aufgenommen, da es bereits verschiedene andere Unterrichtsmaterialien gibt, die dazu ausführliche Informationen und Unterlagen anbieten. Deshalb konzentrieren wir uns vor allem diejenigen Punkte, die für Service- Learning-Projekte zusätzlich wichtig sind.
Projektphase 1: Planung des Projektes
Nun geht es zur konkreten Umsetzungsplanung der Projektidee. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler auch in dieser Phase möglichst viel selbständig erarbeiten (QS 2 Partizipation). Es gibt allerdings Aufgaben, die Sie bei der Planung selber übernehmen sollten, wie zum Beispiel die Definition der Lernziele und die regelmässige Reflexion. Bei allen anderen Aufgaben ist die Klasse weitgehend selber verantwortlich, dass das Projekt gut aufgebaut wird.
Die konkrete Projektplanung folgt den bekannten fünf Ws:
- Was genau machen wir?
- Warum machen wir das?
- Wem nützt das Projekt?
- Wer macht mit?
- Wir gehen wir vor?
Was genau machen wir? Umsetzung präzisieren
Zuerst müssen sich die Lernenden darüber einigen, wie das Projekt genau umgesetzt werden soll. Selbst wenn eine konkrete Idee vorliegt, heisst das nicht, dass sich alle darunter dasselbe vorstellen. Am besten ist, wenn die Klasse zum Beispiel in Gruppen Kurzbeschreibungen verfasst, diese zusammen vergleicht und auf dieser Basis einen Projektüberblick erstellt. Idealerweise wird der Projektüberblick auf einem grossen Papier aufgeschrieben und im Schulzimmer aufgehängt.
Warum machen wir das? Ziele benennen
In jedem Projekt gibt es Zwischenziele und Schlussziele. Die Zwischenziele werden für die einzelnen Meilensteine festgelegt, die Schlussziele für den Abschluss des Projekts. Unabhängig vom Zeithorizont müssen die Ziele immer präzise formuliert werden, denn daran misst sich unter anderem der Erfolg. Die Ziele werden auf der Basis der SMART-Formel festgelegt (SMART = Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch, Terminierbar).
Die Ziele sollten regelmässig überprüft werden (Was ist erreicht? Hat sich an den Zielen etwas geändert?). So kann man den Ablauf des Projekts kontrollieren und Engpässe schnell erkennen.
Wem nützt das Projekt? Zielgruppe definieren
Je eindeutiger die Zielgruppen definiert sind, desto präziser kann das Projekt ausgerichtet werden. Die Festlegung der Zielgruppen bildet einen zentralen Rahmen für die Planung. So macht es einen Unterschied, ob der naturnahe Spielplatz auf Kleinkinder oder auf Schulkinder ausgerichtet werden soll.
Wer macht mit? Kooperationen bestimmen
Service-Learning-Projekte werden in der Regel ausserhalb des Schulhauses und wenn möglich in Zusammenarbeit mit ausserschulischen Personen und Institutionen realisiert (QS ausserschulische Kooperationen). Als Kooperationspartner:innen kommen zum Beispiel in Frage: Vereine, Institutionen, gemeinnützige Organisationen, (Gemeinde-) Behörden, Ämter, Fachleute.
Wie gehen wir vor? Aufgabenplan, Zeitplan und Budget erstellen
Für die konkrete Umsetzung des Projekts brauchen wir nun noch einen Aufgaben- und einen Zeitplan sowie ein Budget. Beides wird wenn möglich von den Lernenden selber erstellt (QS 2: Partizipation).
Tipp Aufgaben und Zeitplan
Falls möglich wird auf der Seitenwand des Schulzimmers auf einem langen Packpapier ein Zeitplan aufgezeichnet. Die Lernenden sammeln in Gruppen alle Aufgaben, die für die Realisierung des Projekts erledigt werden müssen, und schreiben sie auf Post-its. Gemeinsam bestimmen sie den Zeitpunkt der Erledigung und kleben die Post-its dort auf. Bei jeder Aufgabe entscheiden sie, wie viel Zeit für die Erledigung veranschlagt wird und bis wann die Aufgabe erfüllt sein sollte (Meilensteine). Dies markieren sie auf den Projektplan ebenfalls. Der Projektplan bleibt während der ganzen Umsetzung hängen. So haben alle immer den Überblick über die anstehenden Aufgaben.
Budget
Vielleicht sind für das Projekt auch finanzielle Mittel nötig. Idealerweise erstellen Ihre Lernenden selber ein Budget (Mathe!). Gleichzeitig überlegen sie, wie sie die Mittel beschaffen könnten.
Projektphase 2: Umsetzung des Projektes
Ein Projekt zu realisieren, ist anspruchsvoll. Vielfältige Aufgaben stehen an. In den meisten Projekten gibt es Phasen, in denen alle grundsätzlich am Gelingen des Projekts zweifeln. Unvorhergesehene Probleme können den Erfolg zusätzlich in Frage stellen. Auch wenn die Lernenden möglichst alles selber machen sollten, können Sie sie unterstützen. Leiten Sie die Lernenden an, wie sie mit Unvorhergesehenem und Fehlern umgehen können, und zeigen Sie, dass Fehler wichtige Lernerfahrungen und in diesem Sinne positiv sind.
Tipp
Damit die Lernenden nicht den Überblick verlieren, empfiehlt es sich, das Projekt Ressort mit spezifischen Aufgaben einzuteilen. Jedes Ressort hat ein Projektteam und bestimmt einen Verantwortlichen oder eine Verantwortliche. Die Teamverantwortlichen sind Kontaktpersonen für die anderen Teams und gewährleisten den Informationsaustausch. Sie treffen sich regelmässig zu einer gemeinsamen Gesamtprojektsitzung.
Öffentlichkeitsarbeit
Ein Service-Learning-Projekt ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, Ihre Arbeit und die Arbeit Ihrer Schülerinnen und Schüler gegen aussen zu dokumentieren. Lassen Sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Die Öffentlichkeitsarbeit kann in verschiedenen Projektphasen unterschiedlich aussehen. Sie sollte deshalb so früh wie möglich geplant werden.
Tipp
Die Klasse benennt ein Reporterteam. Das Team hat die Aufgabe, während der gesamten Projektdauer wichtige Ergebnisse und Ereignisse festzuhalten, Interviews zu führen, Berichte zu schreiben, Fotos zu machen und eventuell kurze Videoclips zu erstellen. Die Reporter:innen dokumentieren ihre Arbeit fortlaufend, zum Beispiel in den Gesamtsitzungen der Klasse, mit einer Projektzeitung, auf der Schulwebsite oder einer eigenen Klassenwebsite.
Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit basiert nicht nur auf guter Planung. Ebenso wichtig ist eine gezielte Dokumentation während des ganzen Projekts. Sammeln Sie alles und lassen Sie auch die Schülerinnen und Schüler sammeln. Zum Beispiel:
- Projektbeschreibungen
- Unterlagen aus den Projektteams
- Traktanden, Protokolle
- Präsentationen im Gesamtteam
- Fotos, Filmsequenzen
- Ausschnitte aus der Website (alte Websites mittels Screenshot archivieren!)
Alle diese Materialien bilden die Grundlage für anschauliche und kompetente Öffentlichkeitsarbeit.
Projektphase 3: Abschluss des Projekts
Ist der Umsetzungsteil des Service-Learning-Projekts beendet, braucht es einen Abschlussteil, mit dem die erbrachten Leistungen honoriert, das Projekt und die Lernerfahrungen ausgewertet sowie mögliche zukünftige Aktivitäten geklärt werden.
Anerkennung und Wertschätzung
«Engagement für andere» verdient Anerkennung. Service-Learning-Projekte stellen dies ins Zentrum, indem sie eine Kultur der gegenseitigen Anerkennung fördern. Auf der Seite Abschluss und Würdigung finden Sie dazu konkrete Ideen sowie eine Vorlage für einen Leistungsnachweis für die Lernenden.
Auswertung und Reflexion
Zum Abschluss werten die Schülerinnen und Schüler die Ergebnisse des Gesamtprojekts aus und ziehen für sich persönlich Bilanz. Selbstverständlich gibt es dafür unzählige Methoden (QS 5 Reflexion).
Wünschenswert wäre, dass sämtliche Projektbeteiligte, das heisst auch die ausserschulischen Kooperationspartner:innen, an einer abschliessenden Reflexionsrunde anwesend sind, so dass das Projektergebnis von möglichst vielen Seiten beleuchtet werden kann.